Leserbriefe


Neubau der Brücke an der Obercarsdorfer Straße

von Stefan Raedeker, Anwohner von Reichstädt, 23.04.2020

 

Einige werden es noch nicht wissen, aber die historische, ehemals denkmalgeschützte, Sandsteinbogenbrücke über den Reichstädter Bach an der Obercarsdorfer Straße wird abgerissen und durch einen Komplettneubau ersetzt. Baubeginn ist offiziell die 17. Kalenderwoche, also jetzt. Im Rahmen der immer noch reichlich fließenden Hochwassergelder ist die Finanzierung gesichert.

 

Das klingt doch gut, werden einige von Ihnen jetzt sagen.

 

Ich sehe das eher mit gemischten Gefühlen und finde es persönlich sehr schade, dass ein, in meinen Augen, historisch sehr wertvolles Bauwerk einfach so aus unserem Ortskern verschwindet. Ich selbst lebe in einem denkmalgeschützten Haus und bedauere jeden Abriss von historisch wertvollen Bauten. Und das erst recht, wenn, wie bei dieser Brücke, keinerlei Traglastbedenken bestehen.

 

Leider weiß ich nicht, wann die Brücke gebaut wurde. Vielleicht hat dazu noch jemand Aufzeichnungen und kann etwas Genaueres sagen? Es würde mich brennend interessieren!

 

Aber bereits die alten Römer bauten Bogenbrücken, die zum Teil noch heute stehen und standhaft sind. Meisterwerke der Baukunst! Ich hoffe das neu entstehende Beton-Bauwerk wird eine ähnlich lange Lebensdauer erfahren.

 

Immerhin wurde die Traglast der Brücke kürzlich von früher 3,5 t mal eben auf 16 t erhöht und damit mehr als vervierfacht. Sollte doch genügen. Aber leider ist dem nicht so. Offizieller Grund für den Neubau ist die zu geringe Durchlassfähigkeit, um einem Hochwasser wie 2002 und 2013 zu genügen. Man kann nur hoffen, dass auch die neue Brücke diese Bewährungsprobe nie bestehen muss. Allerdings muss ich bezweifeln, ob es im Ort überhaupt eine Brücke gibt, die solche Wassermassen aufnehmen kann. Viele von Ihnen haben die letzten beiden Hochwasser selbst erleben müssen oder wenigstens die verheerenden Videos gesehen. Es waren Katastrophen und ich hoffe sie wiederholen sich nie wieder!

 

Gerade jetzt, wo auf- und abwärts der Brücke Baufreiheit geschaffen wurde, kann man die Schönheit der alten Brücke bewundern. Ein Blick lohnt sich, aber Achtung die Zeit drängt.

 

Bemerkenswert ist, dass der Brücke jahrzehntelanger landwirtschaftlicher Schwerverkehr nichts anhaben konnte, ja nicht einmal der kleinste Riss ist im Asphalt auf der Brücke zu erkennen, der auf Instabilität hinweist.

 

Ich verstehe natürlich auch die Anwohner jenseits des Baches, die froh sein werden, endlich eine Zufahrt zu erhalten, über die auch die größten Liefer-Lkw fahren dürfen.

 

Aber auch diese Anwohner sowie Anlieger werden wissen, welche Größenordnungen an landwirtschaftlichem Verkehr besonders in der Erntezeit über die Brücke führen. Wenn sie dann noch größer wird, und auch das 16 Tonnen Schild verschwunden ist, wird dieser Verkehr vermutlich deutlich zunehmen. Da auch die Maschinen immer größer werden, steigt damit auch die Lärm- und Staubbelästigung zwangsläufig an.

 

Na klar, wir leben auf dem Land und es war hier eben schon immer so. Aber die Zeiten ändern sich. Früher ist der Bauer mit dem Pferdefuhrwerk, später mit einem Traktor aufs Feld gefahren. Auch die ersten Mähdrescher waren bei weitem nicht so riesig wie jetzt. Ich frage mich, muss dieser Verkehr heutzutage tatsächlich weiterhin durch den Ortskern führen? Und, vor allem, muss dafür ein so ansehnliches, historisches Bauwerk abgerissen werden? Möglichkeiten für Umfahrungen sind vorhanden. Bequemer ist es natürlich nicht.

 

Für die Sandsteinbogenbrücke bachabwärts, bei Ehrlich´s , wurde übrigens eine Lösung gefunden, sie soll erhalten bzw. erneuert (angehoben) werden. Das kann ich nur begrüßen.

 

Schade um „unsere“ Brücke ist es trotzdem.